Im folgenden Artikel wird der Frage nachgegangen, wie die wirtschaftliche Lage Bitcoin und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen beeinflussen kann. Dieser Artikel beschreibt die wirtschaftlichen Einflüsse als einer von sechs Umweltfaktoren der Umweltanalyse nach PESTEL. Die verbleibenden fünf Umweltfaktoren wurden ebenfalls untersucht und werden in weiteren Artikeln auf bitcoinnews.ch veröffentlicht. Bereits erschienen:
Politische Einflüsse auf Bitcoin, http://ift.tt/1saDZRA
- Marktzugang und -potential: Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Bitcoin um eine Online-Währung handelt und auch Käufe und Verkäufe von Waren bei Bezahlung mit Bitcoin oft über das Internet getätigt werden, hat die ganze Welt Zugang zum Bitcoin-Markt. Es gilt aber zu beachten, dass je nach Branchentätigkeit, z.B. Gastronomie, der Markt sehr lokal sein kann. Bevor sich ein Dienstleister entscheidet, ins Bitcoin-Geschäft einzusteigen, sind die anfallenden Kosten mit dem zu erwartenden Zusatzgewinn, basierend auf dem Marktpotential, abzugleichen. Entscheidet sich ein Geschäft zukünftig Bitcoin als Zahlungsmittel entgegen zu nehmen und möchte die Währung auch behalten resp. weiter verwenden, fallen keine Kosten an. Ein Wallet, das Bitcoin-Konto, ist kostenlos und für die Zahlungstransaktionen fallen keine Gebühren an. Anders sieht es aus, wenn die an Zahlung genommenen Bitcoins in die Lokalwährung getauscht werden sollen. Die Bitcoins können auf einer Handelsplattform gegen die Lokalwährung getauscht werden, man trägt dabei aber das durch die hohe Volatilität grosse Währungsrisiko.
Wer gar nichts mit Coins und einem Bitcoin-Wallet zu tun haben möchte, kann sich über einen Zahlungsdienstleister wie „BitPay“, „Coinbase“ oder „BIPS“, direkt in Lokalwährung zahlen lassen. Dabei gilt der Wechselkurs zum Zeitpunkt der Kundenzahlung in Bitcoin und das Währungsrisiko geht an den Zahlungsdienstleister über. Für diese Dienstleistung werden Gebühren von maximal 1% fällig. Ausser in Amerika sind noch kaum solche Anbieter am Markt. Bei entsprechend hoher Verbreitung der Bitcoin-Nutzer, kann sich ein Einstieg in diesen Markt durchaus lohnen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Marktführer „BitPay“ bereits einige zehntausend Kunden hat, international tätig ist und Bitcoins in 150 verschiedene Währungen konvertiert.
Wer diesen Dienst zu einer tiefen Gebühr anbieten möchte, muss eine Mindestmenge an Kunden haben. Gemäss dem Prinzip der „Economy of Scale“, sinkt der Produktionspreis, je mehr Ware produziert wird. Für das Beispiel des Zahlungsdienstleisters heisst das, dass je mehr Kunden er hat, je tiefer kann er die Transaktionsgebühr ansetzen, was ihn auf dem Markt interessant macht.
- Internationalisierung: In den letzten Jahren hat der Margendruck in verschiedenen Branchen stark zugenommen. Im Zuge des internationalen Einkaufstourismus und dem Online-Handel, wird sich dieser Trend fortsetzten. Aufgrund dieser Tatsache tun Gewerbetreibende gut daran, sich mit möglichem Kostensparpotential auseinander zu setzen. Insbesondere im Detailhandel und der Gastronomie, zahlen Kunden oft mit Kreditkarten. Die Geschäfte müssen den abrechnenden Kartenfirmen Gebühren von bis zu 3% abliefern, das lässt den Gewinn empfindlich schrumpfen. Somit werden alternative, kostengünstige Zahlungsmittel wie Bitcoin interessant. Auch wenn bis heute innerhalb des Bitcoin-Netzwerks keine Gebühren erhoben werden, ist anzufügen, dass möglicherweise Transaktionsgebühren eingeführt werden, sobald die im System die vorgegebenen 21 Millionen Bitcoins generiert sind. Diese dürften aber deutlich tiefer ausfallen als bei Kreditkarten-Zahlungen. Eine interessante Möglichkeit der Zahlungsabwicklung hat der amerikanische Online-Händler Overstock.com gewählt, der mit einem, wie oben beschriebenen, Zwischenhändler zusammenarbeitet, der dann auch gleich noch das Währungsrisiko trägt. Sollte sich Bitcoin als Zahlungsmittel weiter verbreiten, ist es lohnenswert, Zahlungsdienstleistungen in die Geschäftsstrategie aufzunehmen. Für Dienstleister, die Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren, hat das Bitcoin-System folgende Vorteile:
- Es müssen keine Kartenlesegeräte, wie für Kreditkarten, oder NFC-Terminals (Near Field Communication) angeschafft werden.
- Die Geldüberweisung erfolgt sofort und die Transaktion ist im Bitcoin-System irreversibel. Der Händler braucht also keine Rückbuchungen zu befürchten, wie es bei Kreditkarten bis zu 180 Tage nach dem Kauf möglich ist.
- Es fallen keine Zahlungsgebühren an, wie sie bei Kreditkarten bis zu 3% und bei Maestro-Karten bis zu 0.3% vom Umsatz anfallen.
- Aufgrund der Möglichkeit, dass Käufer und Verkäufer in direktem Kontakt stehen und Geld quer über den Globus transferieren können, ist kein Händler auf Dienstleistungen von Banken oder weitere Infrastruktur, als ein Internet-Zugang, angewiesen. Dies ermöglicht es auch Gewerbetreibenden aus einfachen Ländern, ihre Ware online, und somit weltweit, anzubieten.
Mit jedem grossen Unternehmen, das Bitcoin akzeptiert, steigt der Bekanntheitsgrad der digitalen Währung und wird dazu führen, dass sie eher als Zahlungsmittel, denn als Spekulationsobjekt wahrgenommen wird. In letzter Zeit haben internationale Unternehmen wie das Buchungsportal Expedia, der Computerhersteller Dell, der Online-Bezahldienstleister „PayPa“l und auch Microsoft bekannt gegeben, die Internetwährung zu akzeptieren.
- Kursentwicklung: Aufgrund der Unsicherheit des weiteren Bestehens von Bitcoin und möglichen politischen resp. rechtlichen Eingriffen, ist der Wechselkurs des Bitcoins sehr volatil. Je nach zukünftiger Verbreitung und Interesses an der Währung, könnte der Kurs plötzlich stark ansteigen. Sollte wieder einmal eine negative Meldung zu Fehlern im System oder der Schliessung einer Online-Börse die Runde machen, wird der Kurs wieder stark sinken. Die Volatilität wird hoch bleiben, dagegen können sich Unternehmen über die zuvor beschriebenen Zahlungsdienstleister absichern. Ein Unsicherheitsfaktor ist auch die längerfristige Kursentwicklung, wenn im Jahr 2040 die letzten Bitcoins auf den Markt kommen. Sollte sich Bitcoin bis dahin weiter verbreitet haben, steigt der Wechselkurs an und die Spekulanten geben das Geld nicht mehr aus. Die wenigen gehandelten Bitcoins decken die angebotene Menge an Gütern nicht mehr decken, es herrscht eine Deflation. Bitcoin wird deshalb auch als inflationsgeschützt bezeichnet. Dazu sei hier noch angemerkt, dass nur deshalb von Inflationsschutz gesprochen werden kann, da Bitcoin nicht an eine andere Währung gekoppelt ist und die Geldmenge nicht durch staatliche Eingriffe erhöht werden kann. Steigen die Warenpreise in der realen Welt, so nimmt auch die Kaufkraft mittels Bitcoin ab, was de facto einer Inflation gleichkommt. Abgesehen von der Kursentwicklung von Bitcoin, sind auch die Kursentwicklungen von Lokalwährungen zu beobachten. Das Beispiel Estland hat gezeigt, dass ein Land mit der Einführung des Euro plötzlich hohes Interesse an Bitcoin zeigen kann. In Estland wurde per 1. Januar 2011 der Euro eingeführt, sehr zum Ärger von vielen Esten. Gemäss einer Umfrage kurz vor der Euro-Einführung, haben lediglich 52% der Estnischen Bevölkerung der neuen Währung zugestimmt. Falls mehrere Länder sich gleichzeitig um den Wertverlust ihrer Währung sorgen und das zu einer Flucht in digitale Währungen führt, kann das ebenfalls zu einem steigenden Kurs des Bitcoins führen. Diese Überlegungen sind in der Strategiedefinition eines Unternehmens zu berücksichtigen.
- Wirtschaftskrise: Wie unter den politischen Einflüssen (siehe http://ift.tt/1saDZRA) erwähnt, verfügen die Staaten über ihre National- und Zentralbanken, verschiedene Einflussmöglichkeiten auf die lokale Währung und können die Geldmenge so den aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen. Diese Flexibilität besteht im Bitcoin-System nicht. Was auf den ersten Blick als Nachteil aussieht, könnte sich aber als Chance in Form einer Fluchtwährung ergeben. Nicht alle Länder können oder wollen ihren Kurs beeinflussen. Bei einer drohenden Geldentwertung der Lokalwährung durch Inflation, könnte Bitcoin, ähnlich wie Gold, zur Alternative werden. Der Goldkurs steigt in Krisenzeiten meist an, da er von vielen Leuten als sichere Währung gilt und deshalb gekauft wird. Das könnte auch für virtuelle Währungen wie Bitcoin eintreffen.
Dass die Kopplung einer Fiat-Währung an eine andere Lokalwährung ihre Tücken hat, zeigt das jüngste Beispiel in der Schweiz. Um die Exportwirtschaft nicht zu gefährden, hat die Schweizerische Nationalbank mehr als drei Jahre die Untergrenze von 1.20 Franken pro Euro durch entsprechende Devisenkäufe verteidigt. Als die Nationalbank am 15. Januar 2015 überraschend mitteilte, diesen Kurs nicht mehr zu stützen, fiel nicht nur der Euro-Preis, kurzzeitig sogar unter einen Franken, sondern auch die Schweizerbörse SMI sackte an einem Tag rund 10 Prozent ab. Nationalbankpräsiden Thomas Jordan gab verschiedene Gründe für die Aufhebung der Untergrenze an. (Diem Meier 2015) Dieses Beispiel zeigt, dass, eine Zentralbank nicht nur Krisen verhindern, sondern auch auslösen können. Die Verunsicherung in der Bevölkerung, könnte dazu führen, dass vermehrt Bitcoins gekauft werden.
- Zinsen: Die digitale Währung wirft, genauso wie Gold, keinen Zins ab. Die meisten Banken zahlen Zinsen, auf die bei ihnen verwalteten Kundengelder. Diese Zinsen sind allerdings mittlerweile so tief, dass die Zinseinkünfte beinahe vernachlässigbar sind. Kommt dazu, dass beispielsweise die Schweizer Nationalbank (SNB) Ende 2014 Negativzinsen eingeführt hat. Das bedeutet, dass die Banken, die bei der SNB Geld lagern, darauf Zins zahlen müssen. Gut möglich, dass diese Kosten irgendwann auch auf die Kleinsparer überwälzt werden. In diesem Fall können sich Bitcoin-Sparer mit Null-Zinsen glücklich schätzen.
Markt-Potential in der Schweiz
Im Bundesratsbericht zum Thema „Virtuelle Währungen“, wird Bitcoin als Randphänomen bezeichnet, das nur von kleinen Nutzergruppen verwendet wird. Insbesondere aufgrund der hohen Volatilität von Bitcoin, wird im Bundesratsbericht die Wahrscheinlichkeit, dass der Bitcoin eine dem Franken ähnliche Bedeutung erlangen könnte, als sehr gering eingeschätzt. Das rollende monatliche Handelsvolumen in CHF lag Ende 2014, gemäss der Internetseite http://ift.tt/1NWS8f1, bei ca. CHF 120’000. Gemäss einer Stichtagsabfrage der ETH Zürich im April 2014, waren es lediglich halb so viel, nämlich CHF 65’000. Da Schweizer Nutzer aber auch in anderen Währungen handeln dürften, stellen diese Beträge eine untere Grenze dar.
Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren, lohnt sich für eine Firma in jedem Fall, da keine Installationskosten für den Zahlungsverkehr und auch keine Transaktionsgebühren anfallen. Um mit der Währung Bitcoin Geld zu verdienen, z.B. als Zahlungsdienstleister oder Handelsplattform, muss ein gewisses Volumen an Bitcoin-Zahlungen umgesetzt werden. Unter Betrachtung, dass maximal 20% der gekauften Bitcoins auch tatsächlich ausgegeben werden, würde das, basierend auf dem Handelsvolumen im Dezember 2014, CHF 24’000 ausmachen. Da nicht alle Zahlungen über einen Zahlungsdienstleister abgewickelt würden, scheint das Potential in der Schweiz einen kostendeckenden Zahlungsdienst anzubieten, sehr klein. Dasselbe gilt wohl auch für den Betrieb einer Online-Handelsplattform. Lange Zeit war der Bitcoin-Handel in der Schweiz mit CHF auf den Tauschhandel über LocalBitcoins.com, deren Sitz in Helsinki (Finnland) ist limitiert. Zwischenzeitlich gab es Schweizer Börsen wie Swisscex, die aber nach kurzer Zeit wieder geschlossen war. Seit April 2016 steht die Schweizer Bitcoin Plattform von Bitcoin Suisse AG zur Verfügung; siehe http://ift.tt/1TOX2Kq
Der Beitrag WIRTSCHAFTLICHE EINFLÜSSE AUF BITCOIN erschien zuerst auf Unabhängige Bitcoin News Schweiz.